In meinem aktuellen Achtsamkeitskurs erleben wir eine besondere Dynamik. Mit nur fünf Teilnehmenden ist es ein intimer Kreis, der eine spezifische Herangehensweise erfordert. Meine Rolle als Kursleiter verstehe ich nicht als die eines Lehrenden, der über den Lernenden steht. Vielmehr ist es mein Anliegen, einen Raum der Begegnung auf Augenhöhe zu schaffen, in dem gemeinsames Lernen im Vordergrund steht.
Diese Haltung prägt auch unsere Praxis der Inquiry. Es ist mir wichtig, dass auch die Teilnehmenden besser verstehen, worum es bei Inquiry wirklich geht. Aus eigener Erfahrung als Teilnehmer weiß ich, wie unbehaglich es sich anfühlen kann, wenn ich das Gefühl hatte, etwas nicht "richtig" gemacht zu haben, oder wenn ich mich ausgefragt fühlte. Deshalb ermutige ich die Teilnehmenden, auch aktiv Inquiry-Fragen an mich zu richten. Der primäre Zweck dieser Umkehrung ist ja nicht die Erfragung nach „Fortschritten in der Achtsamkeitspraxis“, sondern die Erfahrung, wie Inquiry als Werkzeug dienen kann, um dem Befragten neue Einsichten zu ermöglichen. Wenn die Teilnehmenden mich also befragen, dann verstehen sie, dass es mir bei meinen Nachfragen nicht um eine bloße Information geht, sondern darum, ihnen zu helfen, selbst zu tieferen Erkenntnissen zu gelangen.
Flexibilität im Kurs: Die Macht des Moments
Ein aktuelles Beispiel verdeutlicht diese Entwicklung.
Von den fünf Teilnehmenden waren heute nur zwei anwesend. Dies führte zu einer
Konstellation von drei Praktizierenden, mich eingeschlossen. Ursprünglich war
eine Dyadenarbeit zum Thema "Schwierige Situationen und die Entstehung von
Stress" geplant. Angesichts der reduzierten Gruppengröße traf ich die
Entscheidung, das Format anzupassen.
Wir entschieden uns für einen Mini-Herd-Circle. Dies bedeutete, dass jeder Teilnehmende seine Erfahrungen teilte, während die anderen mit achtsamem Zuhören präsent waren – ohne Unterbrechung, ohne direkten Input, ohne Bewertung. Die Wirkung dieser Modifikation war bemerkenswert. Es entstand eine dichte und ehrliche Atmosphäre, die von tiefem Vertrauen getragen war.
Tiefe durch Zuhören: Der Wert des Unkommentierten
Die Resonanz der Teilnehmenden bestätigte die Wirksamkeit
dieses Ansatzes. Eine Äußerung verdeutlichte dies präzise: "Ich konnte
frei von der Leber weg reden, wurde nicht unterbrochen und bekam keinen Input.
Ich konnte selbst darüber nachdenken, ohne durch Zustimmung oder Nachfragen
weiter hochgepuscht zu werden." Diese Erfahrung unterstreicht den Wert
eines Raumes, in dem individueller Erkenntnisgewinn durch ungestörtes Erzählen
und selbstinitiierte Reflexion ermöglicht wird.
Wenn im Rahmen des Kurses deutlich wird, dass wir uns
gemeinsam auf dem Weg befinden, fördert dies ein tiefes Vertrauen in die Gruppe
und mich als Leiter. Es entsteht eine tiefere Verbundenheit, die den Prozess
der Achtsamkeitspraxis maßgeblich bereichert. Dies ist für mich ein zentrales
Element eines gelingenden Achtsamkeitskurses.